Inflation kann auf unterschiedliche Weise entstehen, je nachdem, welche Faktoren den Preisanstieg vorantreiben. Die beiden wichtigsten Arten sind die Nachfrageinflation (Demand-Pull-Inflation) und die Kosteninflation (Cost-Push-Inflation). Diese beiden Inflationsarten haben unterschiedliche Ursachen und Mechanismen, wirken sich jedoch beide auf das allgemeine Preisniveau aus und können unterschiedliche wirtschaftspolitische Reaktionen erfordern.
Nachfrageinflation (Demand-Pull-Inflation)
Definition: Eine Nachfrageinflation liegt vor, wenn die Gesamtnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen das verfügbare Angebot übersteigt. Dies führt zu steigenden Preisen, da Unternehmen und Anbieter nicht genügend Güter oder Dienstleistungen bereitstellen können, um die steigende Nachfrage zu befriedigen.
Mechanismus: Der grundlegende Mechanismus der Nachfrageinflation besteht darin, dass die Wirtschaft „überhitzt“, weil zu viel Geld oder Kaufkraft auf ein begrenztes Angebot trifft. In einer solchen Situation sind die Unternehmen oft nicht in der Lage, ihre Produktion schnell genug zu erhöhen, um die steigende Nachfrage zu befriedigen.
Ursachen von Nachfrageinflation
Konjunktureller Aufschwung: In Phasen des konjunkturellen Aufschwungs, z.B. nach einer Rezession, steigen in der Regel die Ausgaben von Konsumenten, Unternehmen und Staat. Die Investitionen steigen und die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen wächst schneller als das Angebot.
Expansive Geldpolitik: Wenn Zentralbanken die Geldmenge erhöhen, zum Beispiel durch Zinssenkungen oder indem sie mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen, können Konsumenten und Unternehmen leichter Kredite aufnehmen und mehr Geld ausgeben. Dadurch steigt die Nachfrage und übersteigt das Angebot.
Steigende Einkommen: Wenn die Haushalte höhere Löhne oder Einkommen erzielen, steigt ihre Kaufkraft, was zu einer Erhöhung der Gesamtnachfrage führt. Trifft diese zusätzliche Nachfrage auf eine begrenzte Produktion, steigen die Preise.
Staatliche Investitionsprogramme: Regierungen können die Gesamtnachfrage durch groß angelegte Konjunkturprogramme wie Infrastrukturprojekte oder Subventionen erhöhen. Solche Maßnahmen können kurzfristig das Wirtschaftswachstum ankurbeln, aber auch Inflationsdruck erzeugen, wenn das Angebot nicht Schritt halten kann.
Beispiel für Nachfrageinflation
Eine klassische Situation der Nachfrageinflation ist eine Phase starken Wirtschaftswachstums, in der Unternehmen und Konsumenten gleichermaßen bereit sind, mehr Geld auszugeben. Man stelle sich eine Volkswirtschaft vor, in der der Staat große Infrastrukturprojekte fördert und gleichzeitig durch Steuererleichterungen die Konsumausgaben erhöht. In einer solchen Situation steigt die Nachfrage nach Bauprojekten, Baumaterialien, Arbeitskräften und Konsumgütern so stark an, dass die Unternehmen ihre Preise erhöhen müssen, weil sie das nachgefragte Angebot nicht sofort bereitstellen können.
Kosteninflation (Cost-Push Inflation)
Definition: Kosteninflation liegt vor, wenn die Produktionskosten der Unternehmen steigen und diese Kosten über Preiserhöhungen an die Verbraucher weitergegeben werden. Es handelt sich um eine angebotsseitige Inflation, die nicht durch eine erhöhte Nachfrage verursacht wird, sondern durch Kostensteigerungen, die das Produktionsniveau und die Gewinnmargen der Unternehmen beeinflussen.
Mechanismus: Bei der Kosteninflation geht der Preisdruck von der Angebotsseite der Wirtschaft aus. Höhere Kosten für Rohstoffe, Löhne oder Steuern zwingen die Unternehmen zu Preiserhöhungen, um ihre Rentabilität zu erhalten. Auch wenn die Nachfrage nicht steigt, können Unternehmen höhere Preise verlangen, weil ihre eigenen Kosten gestiegen sind.
Ursachen der Kosteninflation
Steigende Rohstoffpreise: Wenn die Preise für wichtige Rohstoffe wie Öl, Gas, Metalle oder Agrarprodukte stark steigen, erhöhen sich für viele Unternehmen die Produktionskosten. Diese höheren Kosten werden in Form von Preiserhöhungen an die Endverbraucher weitergegeben. Ein klassisches Beispiel ist der Anstieg der Ölpreise in den 1970er Jahren, der weltweit zu einer Kosteninflation führte.
Lohnerhöhungen: Wenn Gewerkschaften oder Arbeitnehmer höhere Löhne durchsetzen, steigen die Personalkosten der Unternehmen. Diese höheren Lohnkosten müssen durch Preiserhöhungen ausgeglichen werden, vor allem in Branchen, in denen die Löhne einen hohen Anteil an den Gesamtkosten haben.
Importierte Inflation: Wenn ein Land stark von importierten Gütern oder Rohstoffen abhängig ist, kann eine Währungsabwertung oder ein Anstieg der internationalen Preise die Kosten für importierte Güter erhöhen. Diese höheren Importkosten wirken sich dann auf die inländischen Preise aus.
Steuererhöhungen oder neue Regulierungen: Wenn der Staat neue Steuern auf Unternehmen oder bestimmte Branchen erhebt, können diese zusätzlichen Kosten ebenfalls an die Konsumenten weitergegeben werden. Das Gleiche gilt, wenn neue Vorschriften, etwa im Bereich des Umweltschutzes oder der Arbeitssicherheit, die Kostenstrukturen der Unternehmen verändern.
Beispiel für Kosteninflation
Ein anschauliches Beispiel für Kosteninflation ist der Anstieg der Rohölpreise. Da Öl in vielen Industrien ein zentraler Produktionsfaktor ist – sei es als Treibstoff oder als Rohstoff für petrochemische Produkte – führen höhere Ölpreise zu steigenden Produktionskosten in vielen Bereichen der Wirtschaft. Dies betrifft nicht nur die Kosten für Transport und Heizung, sondern auch für Produkte aus Kunststoff, Chemie oder Gummi. Die Unternehmen sehen sich gezwungen, diese Mehrkosten in Form höherer Preise an die Verbraucher weiterzugeben.
Nachfrage- und Kosteninflation im Vergleich
Obwohl sowohl Nachfrage- als auch Kosteninflation zu einem Anstieg des Preisniveaus führen, unterscheiden sie sich grundlegend in ihren Ursachen und Auswirkungen auf die Wirtschaft:
- Nachfrageinflation wird durch eine übermäßige Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen verursacht. Sie tritt in der Regel in konjunkturellen Aufschwungphasen auf und ist oft ein Zeichen für eine florierende Wirtschaft. Sie kann jedoch schnell außer Kontrolle geraten, wenn die Produktionskapazitäten nicht mehr ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen.
- Kosteninflation hingegen wird durch steigende Produktionskosten ausgelöst, unabhängig davon, ob die Nachfrage steigt oder nicht. Sie tritt häufig auf, wenn externe Schocks wie steigende Rohstoffpreise oder Lohnerhöhungen die Produktionskosten der Unternehmen in die Höhe treiben. Kosteninflation kann für Volkswirtschaften besonders problematisch sein, da sie zu einem Rückgang des Produktionsvolumens führen kann, wenn Unternehmen ihre Kosten nicht decken können.
Schlussfolgerung
Die beiden Arten von Inflation haben unterschiedliche Ursachen und erfordern unterschiedliche wirtschaftspolitische Maßnahmen. Während Nachfrageinflation häufig durch geldpolitische Maßnahmen wie Zinserhöhungen zur Dämpfung der Nachfrage bekämpft wird, kann Kosteninflation durch Strukturreformen oder die Stabilisierung von Rohstoffpreisen bekämpft werden. In vielen Fällen treten beide Arten von Inflation gleichzeitig auf, was die Herausforderung für die Wirtschaftspolitik noch erhöht.
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