Warum Finfluencer ETF-Policen feiern – und was sie Dir nicht erzählen

 

AktienDummy.de | 📅 20.08.2025 | 🔗 Allgemein

Sie gelten als steuerschlau, flexibel und modern. ETF-Policen sind der neue Liebling vieler Finfluencer. Doch halten die Produkte wirklich, was die Werbung verspricht? Hier bekommst du Klarheit – ohne Verkaufsinteresse, aber mit einer ehrlichen Analyse.

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ETF-Policen im Trend: Zwischen Hype und Realität

Immer mehr Finanz-Influencer auf YouTube, TikTok oder Instagram preisen sie an. ETF-Policen. Sie gelten als clevere Mischung aus Versicherung und Geldanlage, sind steuerlich attraktiv, flexibel und sollen langfristig rentabel sein. Manche stellen sie sogar als „die beste Altersvorsorge für junge Menschen“ dar. Doch während auf den Kanälen das Marketing dominiert, bleiben viele wichtige Fragen offen. Was steckt wirklich hinter diesen Produkten? Und warum geraten sie plötzlich so stark ins Rampenlicht?

ETF-Policen sind keine neue Erfindung. Im Kern handelt es sich um fondsgebundene Rentenversicherungen, bei denen das angesparte Kapital in ETFs investiert wird – meist über Versicherungsmäntel. Neu ist jedoch, wie offensiv sie über soziale Medien vermarktet werden. Und wie stark der Fokus dabei auf angeblichen Steuertricks und niedrigen Kosten liegt. Das Problem: In der Praxis sind die Produkte oft komplexer, teurer und weniger flexibel als dargestellt.

Was genau ist eine ETF-Police?

Wenn du eine ETF-Police abschließt, kombinierst du eine Kapitalanlage mit einer Versicherung. Im Gegensatz zu einem normalen Depot wird dein Geld nicht direkt in ETFs investiert, sondern über ein Versicherungsprodukt. Die Versicherung übernimmt die Kapitalanlage für dich. In der Regel wählst du aus einem vorgegebenen Angebot an ETFs oder Fonds aus, oft mit einem Fokus auf günstige Indexfonds.

Je nach Produkt handelt es sich um eine Basisrente (Schicht 1), eine Riester-Rente (Schicht 2) oder eine private Rentenversicherung (Schicht 3). Die steuerlichen Regeln, die Möglichkeiten der Entnahme und der Zugriff auf das Kapital hängen davon ab, in welcher „Schicht” du dich befindest. Viele ETF-Policen gehören zur dritten Schicht, also zur privaten Vorsorge.

Im Unterschied zu einem reinen ETF-Depot hat die Police den Vorteil, dass bestimmte Steuervorteile genutzt werden können. So fällt bei privaten Rentenversicherungen im Alter in der Regel nur der Ertragsanteil zur Besteuerung an, der bei lebenslangen Rentenzahlungen meist niedrig ausfällt. Außerdem werden bei Rentenversicherungen keine Abgeltungsteuern während der Laufzeit fällig, wodurch sich der Zinseszinseffekt begünstigen lässt.

Was Finfluencer gerne betonen – und was oft untergeht

In der Online-Welt werden ETF-Policen fast schon als Allheilmittel dargestellt. Geringe Kosten, steuerliche Vorteile, flexible Besparung und eine transparente Struktur sind die häufigsten Verkaufsargumente. Dabei handelt es sich zweifellos um relevante Vorteile – vor allem, wenn das Produkt sauber konzipiert und auf den langfristigen Vermögensaufbau ausgerichtet ist.

Tatsächlich können ETF-Policen gut funktionieren, insbesondere, wenn sie über provisionsfreie Honorarberater oder Direktplattformen abgeschlossen werden. Doch viele der gelobten Produkte kommen mit eingebauten Kosten, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. Verwaltungskosten, Versicherungskosten und gegebenenfalls Ausgabeaufschläge bei Fonds schmälern die Rendite. Wer eine Police über einen Vermittler mit Abschlussprovision wählt, zahlt zusätzlich über Jahre hinweg Abschlusskosten, die in den ersten Vertragsjahren besonders stark ins Gewicht fallen.

Ein weiterer Punkt, der häufig nicht erwähnt wird, ist: ETF-Policen sind weniger flexibel als Direktanlagen. Wenn du dein Kapital vor dem Renteneintrittsalter entnehmen möchtest, kann das steuerliche oder vertragliche Nachteile mit sich bringen. Zudem ist die Auswahl an ETFs häufig eingeschränkt – du kannst nicht wie bei einem Depot völlig frei wählen, sondern bist auf die Palette des Versicherers angewiesen.

Steuertrick oder Trugschluss? Die Wahrheit über die Vorteile

Ein zentrales Verkaufsargument von ETF-Policen ist die Steuerstundung. Während bei einem ETF-Depot regelmäßig Abgeltungssteuer auf Ausschüttungen und realisierte Kursgewinne anfällt, bleibt diese Steuer in der Police während der Laufzeit außen vor. Das hat zur Folge, dass dein Kapital ohne Steuerabzug wachsen kann, was langfristig einen spürbaren Zinseszinseffekt erzeugt.

Zudem gelten bei der Auszahlung in der Rentenphase oft günstigere steuerliche Regeln. Bei lebenslanger Rentenzahlung wird nur ein kleiner Ertragsanteil besteuert – abhängig vom Eintrittsalter. Bei einer einmaligen Kapitalauszahlung nach Vollendung des 62. Lebensjahres und einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren wird die Hälfte des Ertrags mit dem persönlichen Steuersatz versteuert.

Das klingt gut und kann in bestimmten Fällen auch lohnenswert sein. Doch dieser Steuervorteil erkauft sich durch Komplexität, geringere Flexibilität und teils intransparente Kostenstrukturen. Er greift auch nur, wenn du den Vertrag über viele Jahre durchhältst. Ein vorzeitiger Ausstieg, eine Beitragsfreistellung oder eine Kündigung können den Vorteil rasch relativieren oder sogar in einen Nachteil umkehren.

Für wen sich ETF-Policen wirklich lohnen

Wenn du einen langfristigen Anlagehorizont hast, bereit bist, über Jahrzehnte regelmäßig zu sparen und keine sofortige Verfügbarkeit benötigst, kann eine ETF-Police sinnvoll sein – insbesondere für die private Altersvorsorge. Wichtig ist, dass du die Police über einen kostengünstigen Anbieter abschließt, idealerweise ohne Abschlussprovision und mit voller Kostentransparenz.

Wenn du jedoch flexibel bist, lieber selbst investierst und einen langen Atem beim Aufbau eines ETF-Depots hast, erreichst du mit einem Direktinvestment häufig die gleiche oder sogar bessere Rendite – bei gleichzeitig höherer Kontrolle. Für junge Anleger, die sich erst mit dem Thema Finanzen auseinandersetzen, ist ein reines ETF-Depot oft der bessere Einstieg. ETF-Policen setzen langfristige finanzielle Disziplin voraus, die nicht durch Marketingfloskeln, sondern durch ein echtes Verständnis entstehen sollte.

Fazit: Zwischen guter Idee und zu viel Hype

ETF-Policen sind kein schlechtes Produkt, aber auch kein Wundermittel. Sie können sinnvoll sein, wenn sie richtig eingesetzt werden und zu deiner Lebenssituation passen. Doch sie sind komplex, haben eine lange Laufzeit und sind nicht so flexibel, wie in den sozialen Medien oft dargestellt wird. Wenn du über eine Police nachdenkst, informiere dich gründlich, achte auf die Gesamtkosten und scheue nicht davor zurück, kritische Fragen zu stellen – auch an vermeintlich unabhängige Empfehlungen im Internet.

Denn eines gilt immer: Nur weil ein Finfluencer etwas empfiehlt, heißt das nicht automatisch, dass es das Richtige für dich ist. Die beste Geldanlage ist die, die du verstehst und die zu deinen Zielen passt. Ob das eine ETF-Police ist oder nicht, entscheidest du besser informiert als begeistert.

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